Monday, 27 October 2008

Dinner mit ein paar Botschaftern

Nachdem ich mich Anfang Oktober offiziell bei der oesterreichischen Botschaft in Seoul gemeldet hatte, ist zwei Wochen spaeter ein Brief herein geflattert mit folgendem Inhalt:

On the occasion of the Austrian National Day
the Ambassador of the Republic of Austria
Wilhelm M. Donko
and Mrs Yan Donko
request the pleasure of the company of
Mr. Bernd T.
on Friday, 24th October 2008, 18:00

at the Millenium Seoul Hilton, Grand Ballroom


Als guter Buerger hat man den Aufforderungen der Republik selbstverstaendlich Folge zu leisten und so haben Christian, Robert und ich uns am vergangenen Freitag Nachmittag Richtung Seoul aufgemacht.
In letzter Minute haben wir uns in einem aeusserst schicken Viertel von Seoul noch einen Anzug ausgeborgt und sind dann direkt mit dem Taxi beim Hilton vorgefahren. Fuer das Taxi braucht man als Beifahrer uebrigens entweder sehr gute Nerven oder einen Hang zur fatalistischen Selbstaufgabe - rote Ampeln, Sperrlinien (ob im Tunnel oder draussen), Fussgaenger sowie deren Uebergaenge sind keine Hindernisse, sondern hoechstens Herausforderungen und wenn eine lange Schlange bei der Abbiegespur in der Mitte einer sechsspurigen Kreuzung wartet, dann erobert man sich einfach eine zweite Spur und biegt als erster ab.

In Rekordzeit beim Hilton angelangt, hatte sich bereits eine Schlange dunkler Limousinen (teils mit Faehnchen neben dem Blinker) vor dem Eingang gebildet.



Selbstbewusst sind wir neben dem einen oder andern gerade ankommenden Botschafter durch das Foyer und Richtung Grand Ballroom spaziert, wo uns der oesterreichische Botschafter, dessen Gattin und eine koreanische Delegation freundlich begruesst haben.




Der Saal hat sich schnell mit internationalen Vertretern aus Politik und Wirtschaft gefuellt und dazwischen waren neben uns auch noch einige andere staunende Studenten zu sehen.
Nach einer vorbildlich kurzen Ansprache des Botschafters wurde das Buffet eroeffnet - Schmalzbrot, Brezen, Gulasch, Sauerkraut, Schweinsstelze, Leberkaese, Kartoffelpuffer, Lachsbroetchen, Schnitzel, Fischstaebchen - alles was man zur oesterreichischen Kueche zaehlen kann, war vertreten. Dazu ein gut gekuehltes Zipfer und Weisswein aus dem Burgenland. Und als Dessert: Sachertorte, Apfelstrudel, Linzerschnitten, Krapfen, Kaiserschmarrn und Marillenknoedel.
Der oesterreichische Chefkoch hat wirklich ganze Arbeit geleistet und uns ist der Bauch gestanden wie seit Weihnachten nicht mehr.


Abgesehen vom tollen Essen konnten wir einige sehr interessante Gespraeche fuehren. Z.B. mit dem oesterreichischen Botschafter, der uns ueber die Zwangsversetzung nach jeweils vier Jahren aufgeklaert hat, damit man sich als Botschafter nicht zu sehr mit dem Land identifiziert, sondern vorrangig die oesterreichischen Interessen vertritt.
Und mit einem koreanischen Journalisten der European Chamber of Economics, der ein erstaunlich gutes Deutsch sprach.
Weiters hat Christian mit dem englischen Botschafter an der Bar ein Schnappserl gekippt und der Finanzgeschaeftsfuehrer von BMW Korea (ein Deutscher) hat uns vom Erfolg der 7er-Reihe vorgeschwaermt.
Ausserdem haben wir mit dem oesterreichischen Aussenhandelsbeauftragten ueber das Uni- und FH-System und die Vorteile eines Auslandsaufenthalts diskutiert.

Und als sich gegen elf Uhr die Reihen bereits gelichtet hatten, die Dekoration abmontiert und die letzte Flasche Wein geleert wurde, haben wir uns zufrieden und um ein aussergewoehnliches Erlebnis reicher wieder auf den Heimweg gemacht.




business talk


les chefs de cuisine


Bernd, Robert und Christian entdecken ihre patriotische Seite.


Wednesday, 22 October 2008

Suess sind sie, wenn sie noch klein sind ...

Letzten Montag haben Christian (AUT), Paul (D), Xenia (D), Madeline (Singapur) und ich als 'Native English Assistant Teacher' eine Grundschule besucht. Anlass war das zweite alljaehrliche Englisch-Festival der Schule und wir waren sozusagen die Attraktion des Tages.
Angefangen hat die Geschichte damit, dass Christian von einer Lehrerin auf dem Campusgelaende angesprochen und gefragt wurde, ob er und ein paar weitere auslaendische Studenten Zeit haetten auf besagte Schulfeier zu kommen. Weiters haben wir nicht viel Informationen erhalten - z.B. wie alt die Schueler sind, was wir genau dort tun sollen, etc. Also haben wir uns gedacht, das wird bestimmt lustig und eine finanzielle Entschaedigung sollte es auch geben.

Am Montag um 7:00 frueh hat uns die Lehrerin abgeholt und wir sind ohne Fruehstueck und etwas verschlafen eine gute Stunde zu der Schule gefahren. In der Schule wurde uns nach der Begruessung durch den Direktor jeweils ein koreanischer Student der Incheon University als Sprachhilfe zur Seite gestellt und unsere Aufgabe bestand schliesslich darin, ein wenig Englisch mit den Kindern zu reden und mit ihnen ein Halloween-Spielchen zu spielen.
Fuer 40min war jeder von uns in jeweils einer Klasse aller sechs Schulstufen (7 bis 12 Jahre alt) und hat versucht, die Kinder bei Laune zu halten. Es war zwar immer auch noch ein Lehrer in den Klassen anwesend, die haben sich allerdings vornehm zurueck gehalten und uns die Arbeit ueberlassen.
Die Kleinen waren wirklich suess und auch leicht mit Fragen wie zB. 'Do you like ghosts, lions, dragons, spiders, cats, rabbits, ...?' zu unterhalten. Bei den Aelteren war das schon etwas schwieriger und eine gute halbe Stunde den Animateur zu spielen wird mit der Zeit anstrengend.
Nichtsdestotrotz war es ein lustiger Ausflug und ein strahlendes Laecheln eines als Hase, Hexe, Prinzessin oder Kuh(!) verkleideten Kindes ist fast jede Muehe wert.





Friday, 3 October 2008

Leben an der Inha University

Ich bin nun seit ziemlich genau einem Monat an der Inha University und habe mich ziemlich gut eingelebt. Im Gegensatz zur TU Graz ist die Inha Univ. auf einem ca. 25 Gebaeude umfassenden Campus angesiedelt. Neben dem Hauptgebaeude, in dem die Verwaltung untergebracht ist und den einzelnen Fakultaetsgebaeuden gibt es ein zentral gelegenes Studentengebaeude inklusive Bank, Ambulanz, Cafeteria und einigen kleinen Shops, einige Gruenanlagen, Sportplaetze, eine grosse und sehr moderne Bibliothek, zwei Studentenheime sowie einen kleinen Teich mit bedenklich giftiger Wasserfarbe.
Ausserdem sind auf dem Gelaende das Inha Technical College (eine Art Fachhochschule), ein Militaergebaeude - angehende Offiziere koennen neben ihrer militaerischen Ausbildung ein eingeschraenktes Studium absolvieren - und eine School for Aviation angesiedelt. Letztere beinhaltet auch einen Zweig fuer die Ausbildung von Stewardessen, was ein Grund fuer die (angesichts einer technisch ausgerichteten Universitaet) relativ hohe Anzahl an Maedels sein duerfte. Moon-Yong, ein koreanischer Freund, Zimmerkollege und ebenfalls Physiker, der dieses Semester aus Busan an die Inha Univ. gekommen ist, hat das so kommentiert: "Oh, I haven't seen so many hot girls before!"

Der Vorteil einer Campus-Uni ist eindeutig, dass alles innerhalb weniger Minuten erreichbar ist. Das Studentenheim liegt nur einige hundert Meter von meinem Unigebaeude entfernt, die Mensa, in der man fuer umgerechnet 1,50 Euro eine ordentliche Mahlzeit bekommt, ist im Nebengebaeude untergebracht und Bibliothek und Verwaltungsgebaeude befinden sich auf der gegenueberliegenden Strassenseite.
Gleichzeitig ist das aber auch ein gewisser Nachteil: Man bewegt sich die ganze Zeit in einer quasigeschlossenen Umgebung. Und um einmal ein wenig Abstand vom Unileben zu bekommen muss man schon bewusst das Campusgelaende verlassen und mit dem Bus ins Stadtzentrum von Incheon oder nach Seoul fahren.

Gesagt, getan. Nachdem vergangenen Mittwoch das um 19:00 Uhr (mit open end) angesetzte Seminar ueber Quantenfeldtheorie (QFT), das nicht nur mir sondern auch meinen koreanischen Kollegen einiges abverlangt, ausgefallen ist, weil der Professor seiner Tochter beim Mathe-lernen helfen musste, haben wir kurzfristig beschlossen zum letzten Baseballspiel der Saison zu fahren. Baseball ist der Nationalsport schlechthin in Korea und seit der Goldmedaille bei den olympischen Spielen hat sich die allgemeine Begeisterung noch gesteigert. Meine beiden koreanischen Freunde und ich sind erst eine Stunde nach Spielbeginn bei dem riesigen Stadion in Incheon angekommen, aber da die meisten Spiele ueber drei Stunden dauern, haben wir nicht allzuviel verpasst. Der Eintritt war ueberraschenderweise frei und wurde vom Sponsor SK der Heimmannschaft getragen - es gibt ein paar grosse Konzerne in Korea, die fast in allen Bereichen ihre Finger im Spiel haben, vor allem SK (Telekom, Oel), LG (Telekom sowie jegliche Elektronik vom Toaster bis zum HD Display), Samsung und Hyundai (Autos, Oel, betreibt in Seoul einen riesigen Department Store in dem man auf 12. Stockwerken praktisch alles kaufen und im letzten Stock sogar heiraten kann).
Jedenfalls habe ich nicht besonders viel Ahnung vom Baseball und ich habe auch bis zum Schluss nicht alle Regeln verstanden. Aber der Hauptzweck solcher Veranstaltungen ist es, sich mit Bier und Snacks vollzustopfen, dazwischen seiner Mannschaft zuzujubeln und nebenbei dem eher unspektakulaeren Spielverlauf zu folgen. Und da die von meinen beiden Freunden favorisierte Mannschaft klaeglich verloren hat, mussten wir uns wohl oder uebel auf ersteres konzentrieren.


So, und jetzt noch ein paar Bilder vom Campus:

Verwaltungsgebaeude der Inha Univ., Hi-Tech Tower rechts im Bild


College for Humanities, College for Natural Sciences
(mein Buero auf der rechten Seite im 3. Stock)


Jung-Seok Memorial Library


Flying Dragon Tower
(das Wahrzeichen der Inha University)


In-Kyoung Pond
(romantisches Plaetzchen mit Blick auf den fast gekippten Teich)


Studentenheim


no touchy!


Sonnenuntergang ueber dem Campus