Obwohl ich in Tokyo gelandet bin, war mein erstes Reiseziel Kyoto, das gut 500km suedwestlich von Tokyo liegt. Also habe ich den naechsten Shinkansen (japanischer Hochgeschwindigkeitszug und Pedant zum franzoesischen TGV) geschnappt und war in 2h 20min und exakt laut Fahrplan in Kyoto - da kann sich die OEBB noch etwas abschauen.
Kurz nach dem Aussteigen hat mich unerwarteterweise sogleich die Heimat in Form eines 'Mozart'-Cafes willkommen geheissen.
Am naechsten Tag habe ich mich aufgemacht, die Stadt zu erkunden und somit einen ausgedehnten Fussmarsch durch das Zentrum und einige angrenzende Viertel unternommen.
Kyoto hat knapp 1,5 Millionen Einwohner und war ueber tausend Jahre lang (von 794 bis 1868) Japans Hauptstadt. Gluecklicherweise wurde Kyoto waehrend des Zweiten Weltkriegs von der Liste der Atombomben-Ziele genommen und war auch sonst kaum Ziel von Bombardements durch die Amerikaner. (Die Ueberlegungen, die dazu fuehrten, Kyoto aufgrund seiner kulturellen Schaetze und deren Bedeutung weitgehend zu verschonen, fanden leider nicht in gleicher Weise 60 Jahre spaeter beim Einmarsch in Baghdad statt.) Dadurch sind viele traditionelle Stadtteile sowie ca. 1600 buddhistische Tempel und 400 Shinto-Schreine erhalten geblieben - viele davon als UNESCO-Kulturerbe geschuetzt.
Die Atmosphaere der Stadt ist wirklich faszinierend. An jeder Ecke findet man einen Tempel oder Schrein in allen moeglichen Groessen, vom kleinen Altar in einer Hausnische bis hin zu weitlaeufigen Anlagen mit zehn oder zwanzig Gebaeuden und grosszuegig angelaegten Gaerten. Einige der maechtigen Tempel zaehlen zu den groessten Holzbauwerken der Welt.
maechtiges Holztor am Eingang zu einer Tempelanlage
Aussenkorridor des Higashi-Honganji Tempels im Zentrum von Kyoto
Aussenkorridor des Higashi-Honganji Tempels im Zentrum von Kyoto
Wenn man (blossfuessig oder mit Socken) durch die dunklen Hallen und aussen herum fuehrenden Gaenge der Tempel streift, wird einem bewusst, dass nicht nur das Christentum prunkvolle Zentren fuer seine Schaefchen errichtet hat. Die Gebetsraeume im inneren der Tempel und vor allem der Altar-Bereich stehen dem Goldschmuck in einer barocken Kirche in nichts nach - allerdings ist die Ausfuehrung dezenter und es fehlen die rosigen Engerln.
(Leider gibt's vom Inneren der Tempel keine Fotos, die sind ueberall verboten.)
(Leider gibt's vom Inneren der Tempel keine Fotos, die sind ueberall verboten.)
Kyoto ist umgeben von Berg- und Huegelketten, auf denen einige der grossen Tempelanlagen zu finden sind. Eine davon ist Kiyomizu-dera im Osten Kyotos. Irgendwie bin ich an der eigentlichen Zufahrtsstrasse vorbei gelaufen und habe mich in einem riesigen buddhistischen Friedhof wiedergefunden. Der Richtung, in der mein angestrebter Tempel liegen sollte, folgend, bin ich daraufhin einige Zeit lang durch die beeindruckenden Grabanlagen gewandert.
Das Hauptgebaeude von Kiyomizu-dera ist vollstaendig aus Holz erbaut, kein einziger Nagel wurde verwendet. Es ruht auf dreizehn Meter hohen Streben und die Terrasse gewaehrt einen ausgezeichneten Blick ueber Kyoto. Neben dem Tempel befindet sich eine dreistoeckige Pagode, einige kleinere Gebauede und ein Brunnen, dessen Wasser eine gute Gesundheit und ein langes Leben sichern soll. Ausserdem sind mehrere Schreine ueber die Tempelanlage verstreut, die meisten davon sind Goettern der Liebe geweiht und sollen Glueck bringen, den oder die Richtige zu finden.
Die Japaner sind recht aberglaeubisch und nehmen diese Schreine sowie die Rituale, z.B. den Namen des/der Geliebten auf einen Streifen Papier schreiben und an einer Glocke laeuten, sehr ernst. Dementsprechend war viel los bei den Schreinen (vor allem die holde Weiblichkeit war in allen Altersgruppen stark vertreten).
In frueheren Zeiten war es ausserdem ueblich von der Bruestung des Tempels zu springen und wer den 13m tiefen Fall ueberlebt hat, dem war lebenslanges Glueck sicher. (ist heute aus Sicherheitsgruenden verboten)
In Gion, dem alten Zentrum von Kyoto findet man wunderschoene traditionelle Holzhaeuser sowie viele kleine Geschaefte und Kunstgallerien. In den engen steingepflasterten Strassen ist man am besten entweder zu Fuss oder etwas dekadenter mit einer japanischen Rikscha unterwegs, die von kraeftigen jungen Burschen in elegant schwarzer Uniform gezogen werden. Die Rikscha ist - obwohl oft mit Indien assoziiert - eine japanische Erfindung und der Name leitet sich von 'Jin-riki-sha' ab, was soviel wie 'menschenbetriebenes Vehikel' bedeutet.
japanische Rikscha
Hier hatte ich auch das Glueck einer der wenigen verbliebenen Geisha ueber den Weg zu laufen. Zuerst dachte ich, sie sei als Touristenattraktion in dem Viertel unterwegs. Aber als sich auch die Japaner nach ihr umdrehten und sogar Fotos machten, war ich ueberzeugt, doch eine echte Geisha getroffen zu haben. (Leider sind meine Fotos nichts geworden.)
Kurz darauf habe ich,als ich in eine andere Strasse eingebogen bin, zwei Maikos vor mir dahin schlendern sehen. (Eine Maiko ist eine Geisha in Ausbildung und ist an ihrem Haarschmuck erkennbar.) Die beiden waren in ausgesprochen guter Laune und haben laut ueber meine Versuche, ein gutes Foto zu schiessen, gekichert. Mein Unterhaltungswert stieg noch, als ich mich dankend und in asiatischer Manier zum Abschied verbeugt habe, was die beiden mit einem freundlichen Nicken goutiert haben.
Das Wichtigste an einer Geisha ist uebrigens nicht der wertvolle Seidenkimono oder die kunstvolle Haarpracht, sondern der Ausschnitt am Ruecken wie ich von einer Koreanerin in meiner Jugendherberge erfahren habe. Der Ausschnitt gibt den Hals und einen Teil der Wirbelsaeule frei, der weiss geschminkt ist und beim Tanz die Fantasie des Patrons befluegeln soll. (Bei uns wuerde es wohl heissen: 'Auch ein schoener Ruecken kann enzuecken.' )
Kurz darauf habe ich,als ich in eine andere Strasse eingebogen bin, zwei Maikos vor mir dahin schlendern sehen. (Eine Maiko ist eine Geisha in Ausbildung und ist an ihrem Haarschmuck erkennbar.) Die beiden waren in ausgesprochen guter Laune und haben laut ueber meine Versuche, ein gutes Foto zu schiessen, gekichert. Mein Unterhaltungswert stieg noch, als ich mich dankend und in asiatischer Manier zum Abschied verbeugt habe, was die beiden mit einem freundlichen Nicken goutiert haben.
Das Wichtigste an einer Geisha ist uebrigens nicht der wertvolle Seidenkimono oder die kunstvolle Haarpracht, sondern der Ausschnitt am Ruecken wie ich von einer Koreanerin in meiner Jugendherberge erfahren habe. Der Ausschnitt gibt den Hals und einen Teil der Wirbelsaeule frei, der weiss geschminkt ist und beim Tanz die Fantasie des Patrons befluegeln soll. (Bei uns wuerde es wohl heissen: 'Auch ein schoener Ruecken kann enzuecken.' )
Die Ausbildung zur Geisha ist teuer und schwierig. Eine Geisha muss mehrere traditionelle japanische Musikinstrumente beherrschen, in Kalligraphie geuebt und gebildet sein, die Teezeremonie beherrschen sowie eine ausgezeichnete Taenzerin, Saengerin, Gastgeberin und Konversationspartnerin sein und darf nie die Haltung verlieren.
Der sexuelle Aspekt in Bezug auf eine Geisha beschraenkt sich auf eine sehr subtile Erotik. So wird es bereits als erotisch angesehen, wenn die Geisha bei der Teezeremonie einen Unterarm entbloesst oder der Nacken unbedeckt ist. Ausserdem darf eine Geisha, wenn sie sich setzt, mit ihrem Fuss das Bein eines Mannes beruehren.
Alles andere ist der Imagination ueberlassen und hat somit nichts mit der (westlichen) Vorstellung von einer Geisha als Freudendame zu tun.
Fortsetzung folgt ...
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