Friday, 19 September 2008

Chuseok - Ausflug zum Strand


Letztes Wochende (13.-15.09.) fand eines der wichtigsten traditionellen koreanischen Feste statt. Chuseok, was soviel wie Herbstabend bedeutet, wird am 15. Tag des achten Mondmonats gefeiert und faellt somit immer auf eine Vollmondzeit. Die Bedeutung von Chuseok ist einerseits mit dem Erntedankfest vergleichbar und andererseits stellt es das wichtigste koreanische Familienfest dar - vergleichbar mit dem europaeischen Weihnachtsfest.

Zu Chuseok versammelt sich die gesamte Familie im Haus des Familienoberhauptes, dh. alle Koreaner fahren zu ihren Eltern, Grosseltern oder treffen sich im Haus des aeltesten Bruders. Waehrend der drei Tage dauernden Feierlichkeiten werden Unmengen an traditionellen, meist selbst zubereiteten Speisen verdrueckt, Spiele gespielt, ausreichend Alkohol getrunken und vor allem die hoeher stehenden Familienmitglieder und Ahnen geehrt. Die soziale Hierachie (auch innerfamiliaer) ist in Korea bedingt durch den konfuzianischen Einfluss immer noch sehr stark ausgepraegt. Das wird besonders im sprachlichen Umgang deutlich - es gibt verschiedene Sprechstufen im Koreanischen abhaengig davon, ob man mit einem Freund, einem aelteren Menschen (die Eltern eingeschlossen) oder einem Fremden spricht.
Als neugieriger Europaeer wollte ich wissen, was passiert, wenn ein junger Koreaner einen aelteren Mann in einer unangebrachten Weise anspricht und alle Koreaner, die ich gefragt habe, haben mit einem nachsichtigen Laecheln aber entschieden geantwortet, das sei nicht moeglich. Unvorstellbar.

Jedenfalls ... da der Campus wie ausgestorben war, fast alle Geschaefte geschlossen hatten und das erste Mal wirklich Ruhe in die Strassen um das Uni-Gelaende eingekehrt war, haben Christian, Robert und ich beschlossen einen Ausflug zu drei kleinen Inseln (Sindo, Sido und Modo) nordwestlich von Incheon zu unternehmen.
Obwohl wir uns eine Reiseroute zurecht gelegt hatten, wurde die Anreise zu einer ueber fuenfstuendigen Expedition mit der U-Bahn, unzaehligen Bussen und einem Taxi, das wir uns noch fuer die letzten Kilometer geschnappt haben um zur Faehre zu gelangen.

Die Inseln sind ueber Bruecken mit einander verbunden und es gibt einen Bus, der in einem Rundkurs ueber alle drei ansonsten wenig erschlossenen Inseln rattert. Wir haben uns auf Sido, der mittleren Insel, eine kleine Pension gesucht und sind dann ziemlich hungrig erst einmal etwas Essen gegangen.

Christian und Robert beim traditionellen Essen im Schneidersitz


Danach hat uns der Sohn der Pensionsinhaberin wieder eingesammelt und uns mit seinem Auto einige Sehenswuerdigkeiten von Sindo und Sido gezeigt - Reisfelder, das Meer, Gegend und einen Filmplatz fuer ein populaeres koreanisches Drama.
Zudem haben wir seinen 82-jaehrigen Grossvater (Foto) besucht, der uns sofort unglaublich suesse, selbst geerntete Weintrauben angeboten hat.

Den Abend haben wir drei bei Bier und Soju auf einer Bruecke in der Naehe des Dorfzentrums (markiert durch den einzigen, dafuer rund um die Uhr geoeffneten Kraemerladen, ein Restaurant und einen grossen Handymasten) verbracht.
Am naechsten Morgen hat uns unser freundlicher Chauffeur nach einem traditionellen Fruehstueck im Wohnzimmer der Familie zur kleinsten Insel (Modo) kutschiert, wo wir einige Stunden genuesslich und faul am Strand gelegen sind. (Gestoert wurde die Idylle nur durch die ueber der Insel befindlichen Einflugschneise fuer den internationalen Flughafen wenige Kilometer suedlich).



Skulpturenpark am Strand von Modo


zwei junge Maenner und das Meer


Robert, Bernd und Christian

Monday, 15 September 2008

Be(r)n(d)

Ich fuerchte ich habe zur allgemeinen Verwirrung Anlass gegeben, weil ich meine Eintraege auf dieser Seite mit Ben und nicht mit Bernd unterzeichnet habe.
Deswegen moechte ich das kurz erklaeren: Der in universitaeren Fragen fuer mich zustaendige Professor (academic advisor) Hyun-Chul Kim hat mir einen Arbeitsplatz im Buero seiner Arbeitsgruppe gegeben, was an und fuer sich schon eine sehr positive Ueberraschung fuer mich war. Ich habe hier meinen eigenen Computer, einen Schreibtisch und ausreichend Platz; ausserdem gibt es Kaffee, einen Gemeinschaftstisch fuer kleine Snacks und sogar ein Klappbett fuer arbeitsreiche Naechte. Meine Kollegen (ein Assistenzprofessor, ein PhD., ein Masterstudent sowie drei Bachelor-Studenten) sind unglaublich freundlich und es herrscht eine tolle Atmosphaere im Buero. Allerdings ist es fuer die meisten Koreaner fast unmoeglich 'Bernd' richtig auszusprechen, deshalb nennen mich die meisten einfach 'Ben' (kor. 벤). Und das ist der Grund, warum ich Ben auch als Signatur fuer meine Posts uebernommen habe.

Die Arbeitsgruppe (link) beschaeftigt sich mit Nukleartheorie, dh. hauptsaechlich mit Elementarteilchenphysik, Quantenfeldtheorie, Quantenchromodynamik, Symmetriebrechung, etc. - alles was das Standardmodell betrifft (fuer Interessierte: Wikipedia-Standardmodell).

Jeder im Buero hat einen magnetischen Button, der auf der Tuer klebt und auf einer Grafik, die die Entwicklungsstufen des Universums nach dem Urknall darstellt, wird so angezeigt, wer gerade da ist, Essen gegangen ist, eine Vorlesung hat oder sich ausserhalb des Gebaeudes aufhaelt.


seltene zweisprachige Beschilderung bei der Eingangstuer


Tuergrafik - und wer arbeitet da als Einziger ganz fleissig?


mein Arbeitsplatz (dort wo der Apfel liegt)


Blick von meinem Platz zur Tuer (Besprechungs- und Snackstisch in der Mitte, white chart fuer wichtige Mitteilungen - z.B. wer am Wochenende Zeit fuer einen Reisschnapps hat)


Blick von der Tuer aus (in der Mitte: Kaffee-, Tee- und Wassertisch)

Thursday, 11 September 2008

Seoul und die Natur

Um dem innerstaedtischen Treiben und Gewusel auch einmal zu entkommen, habe ich einige Ausfluege in die Huegelwelt unternommen - die Koreaner sprechen von Bergen, aber da das hoechster der Gefuehle knappe 500 Hoehenmeter sind, waere die Bezeichnung "Berg" eine Demuetigung fuer jedes ausgewachsene Gebirge.

Am 24.08. bin ich zu einigen alten buddhistisch-schamanistischen Schreinen im Nordwesten Seouls aufgebrochen. Nach einer kurzen Tour auf einem schmalen Pfad durchs Dickicht habe ich ein paar ausgewaschene Sandfelsen erreicht, die als spiritistische Heiligtuemer und Gebetsplaetze dienen. Davon abgesehen kann man einen wundervollen Blick ueber Seoul und weit ueber den Han River hinaus nach Sueden geniessen.
Unter den wachsamen Augen des sich wenige Meter oberhalb von mir befindlichen Militaerpostens habe ich ein paar Fotos geschossen und bin dann auf einem Militaerpfad weiter zum angrenzenden 'Berg' gewandert. Ich glaube mit 467m ist er der groesste in der naeheren Umgebung von Seoul und ein beliebtes Ausflugsziel fuer perfekt ausgeruestete Koreaner - die meisten wuerden mit iher Funktionskleidung, den Trekkingstoecken und dem Alpinrucksack
auch im alpinen Hochgebirge noch eine gute Figur machen.

Neben dem relativ stark praesenten koreanischen Militaer auf den Huegeln konnte ich Teile der alten Stadtmauer bewundern, die bereits im 16. Jahrhundert vor feindlichen Angriffen Schutz bieten sollte.



Blick ueber das Stadtzentrum, links: Namsan mit Seoul Tower


Blick nach SE



Huegel im Norden von Seoul, Teile der alten Stadtmauer


Blick nach S, in der Mitte: Namsan und Seoul Tower



am "Berg" im Norden von Seoul



Blick nach E, im Vordergrund: Teile der renovierten Stadtmauer



Blick nach SW, im Hintergrund sieht man den Han River




Blick nach S, links im Vordergrund befindet sich die Palastanlage Gyeongbokgung

Monday, 8 September 2008

Saturday, 6 September 2008

Erste Ausfluege in Seoul

Die Uni hat bereits am 01. September begonnen und gleich am ersten Tag bin ich auch schon in die unergruendlichen Irrwege der koreanischen Buerokratie geraten. Und die Muehlen mahlen langsam ... (dazu vielleicht spaeter mehr.)

Nichtsdestotrotz habe ich meine Zeit bisher in Korea sehr genossen. Da das Studentenheim, in dem wir untergebracht sind, erst am 28.08. aufgesperrt hat, habe ich zuvor Unterschlupf in einem Youth Hostel im Zentrum von Seoul gefunden. So konnte ich die Zeit nutzen um mir die Stadt ein wenig anzusehen.
Gluecklicherweise war ich bei meiner Ankunft am Flughafen nach 10 Stunden Flug nicht so sehr aus dem Haeuschen, um mir noch einen Stadtplan von Seoul zu organisieren. Die englische Beschilderung ist naemlich, ausgenommen direkt im Zentrum, bescheiden. Ausserdem haben nur die Hauptverkehrsstrassen eigene Namen, der Rest ist einfach in Bezirke (kor. -gu) und "Nachbarschaften" (kor. -dong) eingeteilt. Selbst die Einwohner von Seoul wissen nicht immer genau, wo sie sich gerade befinden und orientieren sich meistens an markanten Hochhaeusern oder an den U-Bahnstationen. (Ich bin zweimal v0n jungen Koreanern gefragt worden, wo wir eigentlich sind, weil ich mit meinem Stadtplan vor der Nase in die Gegend geschaut habe.)




Downtown Seoul




Jogno Building



Einige der sehenswertesten Plaetze in Seoul sind die ueber die ganze Stadt verteilten Palastanlagen aus der Zeit der Joseon-Dynastie (1392-1910). Die groesste davon ist Gyeongbokgung, die 1395 erbaut, 1592 von den Japanern niedergebrannt und erst 1868 wieder neu errichtet wurde. Waehrend der japanischen Okkupation von 1910 bis 1945 wurde ein Grossteil der Anlage wiederum zerstoert und seit 1990 sind aufwaendige Restaurierungsmassnahmen im Gange.


Eingangstor zur
Palast-
anlage











Haupt-
gebaeude und Thronsaal







Waechter: fuer jede der vier Himmels-
richtungen gibt es verschiedene Waechter-
figuren (Ratte, Schildkroete, Phoenix, Drache)










Garten-
haeuschen fuer die Koenigin






Festpalast - hier wurden auch die meisten diplomatischen Empfaenge abgehalten
(Die Figuren am Dach sind ebenfalls Waechter. Je mehr desto bedeutender ist das Gebaeude.
Sie sollen Schutz bieten vor himmlischen Uebeln.)

Hallo!

Am 16. August um ca. 05:30 Ortszeit (GMT+9) war es soweit und ich habe zum ersten Mal koreanischen Boden betreten - um genau zu sein einen knallroten Seuchenteppich.

Fuer ein ganzes Jahr werde ich in Incheon, nur wenige Kilometer suedwestlich von Seoul gelegen, an der Inha University studieren und versuchen einige Eindruecke, Erlebnisse und Erfahrungen mit jedem/jeder Interessierten an dieser Stelle zu teilen.
Dementsprechend freue ich mich ueber Kommentare, Kritik, Meinungen, Fragen, etc. jeglicher Art. Und wem die oeffentliche Zurschaustellung seiner/ihrer Gedanken - entschuldige Schwesterchen, aber ich werde doch wieder das generative Maskulinum verwenden - also, wer seinen ideellen Exibitionismus hier nicht ausleben will, ist herzlich eingeladen mir eine e-mail zu schreiben.

Darueber hinaus bin ich nicht ganz alleine hier. Christian und Robert, zwei Architekturstudenten, verbringen ebenfalls ein Austauschjahr an der Inha University. Unbedingt sehenswert (nicht nur weil er die bessere Kamera hat) sind Roberts Fotos, die er auf seiner Flickr-Seite laufend online stellen wird.

Zur geographischen Orientierung gibts noch einen Link zu Google-maps: einfach "Incheon, Inha" eintippen und rechts oben auf die Satelliten-Ansicht klicken, dann sieht man den Campus der Universitaet. Beim Herauszoomen taucht im Westen der riesige Frachthafen von Incheon auf und auf der Insel vorgelagert der Incheon International Flughafen, von dem aus praktisch der gesamte internationale Flugverkehr Koreas abgewickelt wird.
Im Nordosten von Incheon liegt Seoul, das mit den Satellitenstaedten Incheon, Suwon, Goyang und Seongnam ueber 23 Mio. Menschen und damit beinahe die Haelfte der koreanischen Bevoelkerung umfasst.